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Aus der Reihe tanzen

15. Jul 2020Maya Onken
Aus der Reihe tanzen

Es lohnt sich nicht, zur Marschmusik zu marschieren! Nur wenn du unsichtbar bleiben möchtest, dann misch dich unter diese Gruppe, mache alles haarscharf mit und lauf mit der Menge im Takt.

Tanze deine eigene Choreographie! Sei du selbst, sei einzigartig und erlaube dir, aus der Reihe zu tanzen.

Wenn du nicht (mehr) weisst, wie das geht, habe ich dir zehn Tipps für deinen eigenen Tanz.


Schritt 1: Fuck the age

Alterszahlen erzeugen in Sekundenschnelle innere Bilder und damit zusammenhängend Konzepte. Mein Konzept einer 52-jährigen Frau ist eine Frau, die sich dem Lebensabend zuwendet. Eine Frau, die körperliche Beschwerden hat. Keine Kinder mehr gebärt. Eigene Kinder aus dem Haus hat. Die ruhigen Hobbies nachgeht, vielleicht einen Ehemann zu Hause hat - ohne Sex. Die ihre ehemalig guten Formen verlassen hat und im Job nun ihr Wissen einbringen kann.

Ein Horrorszenario für mich. Ich muss nur «52» sagen und bevor ich die Zahl fertig ausgesprochen habe, sind diese Bilder da. Ab sofort sage ich mir die Jahreszahl, die ich wirklich spüre. Heute, während ich das schreibe, bin ich 38 Jahre alt. Voll im Saft. Meine Sexualhormone in Bestform. Meine Kurven und mein Körper auch. Ich kann stundenlang tanzen und schwitzen und dabei lachen und Freude haben. Ich kann viel arbeiten und hochkonzentriert leisten. Ich erlaube mir Extras wie Ausschlafen, was Tolles zu kaufen oder was Freches zu schreiben.


Schritt 2: Steh zu dir

Ja, ich gebe es zu: Kleingedrucktes und Bedienungsanleitungen interessieren mich nicht. Übertragungsarbeit von vielen Zahlen in ein Excelsheet ebenso wenig. Ich bin keine Frau für Details. Ich plane Grosses und setze das um. Ich arbeite gerne mit Gruppen und habe keine Angst vor Mengen. Minutiöse Recherchen sind nicht mein Ding.

Ich stehe zu meinen Schwächen: zu schnell zu handeln, zu grosszügig zu verschenken, zu ungenau auf die Mängel von Personen zu achten.

Und ich kenne meine Stärken: kreativ zu denken, das eine mit dem anderen zu verknüpfen, resilient in Krisen und humorvoll bei Pannen zu agieren.

Ich steh dazu.


Schritt 3: Break the rules

Ich rede nicht von den Gesetzten über Mord und Verbrechen. Die respektiere ich voll und ganz. Auch möglichst die Parkverbote und die Geschwindigkeitsangaben. Ich nehme mir die Vorgaben meines Dachverbandes zu Herzen und halte mich an Ethos und Moralgesetze.

Doch es gibt hunderte von unsichtbaren, ungeschriebenen Regeln, welche die Gesellschaft geformt haben. Je mehr sich an diese Regeln halten, desto mehr Macht haben sie. So soll sich eine verheiratete Frau zurückhaltend in Gesellschaft von alleinstehenden Männern verhalten. Eine öffentliche Person hat sich schicklich zu kleiden und soll möglichst keine zu speziellen Vorlieben aufweisen, über die man sich das Maul verreissen könnte. Alles, woraus die Allgemeinheit eine Schlussfolgerung auf Bankkontohöhe, Machtverhältnisse und Fruchtbarkeit ziehen könnte, sollte verwässert werden. So sollen Gutverdienende maximal einen Audi fahren, möglichst lange nicht über ihren Beruf sprechen, Wechseljährige trotzdem Tampons in der Handtasche mit sich tragen.

Break these rules! Die sind wirklich Schrott und führen zu nichts, nur ins Labyrinth der Durchschnittlichkeit.

Ich trage gerne rot und im Sommer kurze Röcke. Knallige Lippenstifte sind mein Markenzeichen und extravagante Schuhe auch. Ich bin meinem Mann treu und nehme trotzdem gerne Komplimente entgegen.


Schritt 4: Ich trage die Verantwortung

Für alles, was man tut, gibt es eine Abrechnung. Bitte glaubt niemandem, der euch sagt, man merke es nicht, wenn ihr betrügt, es komme nicht raus, wenn ihr schwindelt. Jede Handlung hat eine Auswirkung. Jeder Gedanke übrigens auch. Und die einzige Person, die dafür geradestehen muss, bist du selbst.

Sei der Boss deines Lebens. Der Kapitän auf deinem Schiff. Die Pilotin deines Flugzeuges. Du steuerst und trägst die Verantwortung dafür, wenn du im Cockpit eingeschlafen bist oder die Navigation daneben berechnet hast.

Opfer sein ist manchmal sehr bequem. Die anderen sind schuld, die Umstände waren einfach so und so, das Malheur ist eben passiert. Nimm deinen Teil am Ganzen zu dir und schau ihn dir an. Lerne an ihm und wachse.


Schritt 5: Gib Eifersucht und Neid zurück

Wenn du aus der grauen Masse heraustrittst und dich abhebst, sichtbar wirst in irgendeiner Form, wirst du mit Neid und Eifersucht konfrontiert. Garantiert. Ich verspreche es dir. Es ist wie das Amen in der Kirche.

Du zeigst im Job, was du kannst. Du sagst im Meeting, was du denkst. Du läufst in High Heels und Sonnenbrille durch die Stadt. Oder du fährst deine Harley aus. Oder du nimmst eine Auszeit für eine Weltreise. Und während du das machst, drückst du bei all denen, die das am liebsten auch gerne machen würde, den Projektionsknopf. Sie stellen ihren inneren Projektor aller ungelebten Wünsche und Bedürfnisse an und werfen ihre Bilder auf dich. Natürlich in vergrösserter Form. Und weil sie sich diese versagen und abklemmen, runterwürgen und sich auch manchmal dafür bestrafen, dass sie diese verspüren, kommt der ganze Frust auf dich.

Weil es unsichtbare Regeln gibt, die einen tätlichen Angriff auf dich untersagen, kommen die ungelebten Wünsche der anderen in veränderter Dosis auf dich zu.

«Wenn du meinst, du musst dich hier als wichtig hinstellen, dann bitte...». «Es ist eben nicht mein Style, so aufgetakelt herum zu watscheln…». «Man muss nicht immer alles sagen, was man denkt, das macht auf die anderen einen wirklich schlechten Eindruck...».

Diese Sticheleien sind Ausdruck des Frustabbaus. Sie führen Neid und Eifersucht auf dich ab, indem sie dich heruntermachen oder dir schaden. Die wenigsten machen das frontal und in voller Wucht, sondern hinter deinem Rücken oder in Form von solchen Nebensätzen.

Zieh dir diesen Schuh nicht an. Das ist nicht dein Problem, dass sie weniger Kompetenzen haben als du, oder gleichviel, es aber nicht zeigen. Es ist nicht dein Thema, wenn sie was zu sagen hätten, es aber nicht tun. Es ist nicht deine Sorge, dass sie schon immer mal ein kurvenreiches Kleid zur Arbeit tragen wollten, es sich aber noch nicht mal gekauft haben. Es ist nicht dein Bier, dass sie seit Jahren Reisen googeln, die sie nie unternehmen werden.

Sie sind der Kapitän ihres Schiffes. Gib ihnen ihre Fracht zurück.


Schritt 6: Bleib in deiner Grösse

Wenn wir mit diesen Eifersuchtsattacken konfrontiert werden, ist es, wie wenn ein Antrag an dich eingeht:

  • Mach dich kleiner!
  • Mach dich niedriger!
  • Mach dich unbedeutender!
  • Stell deine Strahlkraft ab!
  • Rück dich aus dem Mittelpunkt!
  • Geh einen Schritt zurück!
  • Halte dich zurück!
  • Mach dich dümmer und ärmer!

Viele nehmen diese Einladungen an. Der Harmonie zuliebe. Damit die andere Person mich wieder mag. Wenn ich ein Understatement mache, wenn ich mich ungeschickter, unselbständiger, unverantwortungsvoller und blöder gebe, als ich bin, hat sie mich wieder lieb, die andere Person. Ich bin dann ungefährlich, gleichwertig wie sie, sie soll mich dann wieder aufnehmen und mich liebhaben.

Die gute Nachricht ist: Auch wenn du dich wieder zusammenfaltest wie ein Blatt Papier auf die Hälfte deiner Grösse, auch wenn du einen Blazer über dein Kleid wirfst, auch wenn du in der Sitzung nichts mehr sagst, die andere Person hat dich deswegen NICHT lieber! Sie stellt nur die Attacken auf dich ein, wird dich aber weiterhin beobachten. Bei jedem Zucken in die andere Richtung hast du sie genauso zum Feind wie vorher.

Du hast also die Wahl: Du bleibst klein und unscheinbar, damit sich die andere Person nicht klein und unscheinbar fühlt. Oder du fährst dich in deiner vollen Grösse aus und könntest ihr ein Leuchtturm sein und ihr die Erlaubnis geben, es auch zu tun.

Und wenn du ein Leuchtturm bist, und vor dich hin leuchtest, wenn du die Nacht erhellst und für Schiffe, die draussen im Wellengang am Kämpfen sind, ein Navigationspunkt bist, dann ist das Kläffen dieser kleinen Hunde da oben nicht mehr hörbar. Es macht auch nichts, wenn sie vor lauter Wut und Frust an deinen gemauerten, stabilen Sockel hinpinkeln. Der nächste Regen wäscht alles fort.


Schritt 7: Sei frech

Wenn wir uns ducken und uns hinter durchschnittlichen Meinungen verstecken, wird nichts passieren. Wir fallen nicht auf und kriegen dafür auch keine Eifersuchtsattacken ab. Aber wir bekommen auch nicht das, was wir wirklich wollen, denn dafür müssen wir uns hinstellen und dafür einstehen. Früher hiess es, das sei frech, zu sagen, dass man gerne ein Kuchenstück hätte. Heute bekommst du den Kuchen nur, wenn du ihn fokussierst.


Schritt 8 und 9: Sei waghalsig und zuversichtlich

Wer nichts wagt, gewinnt nichts. Manchmal muss man wie im Indiana Jones Teil 3 den einen Schritt ins Leere machen. Indiana musste auf dem Weg zum heiligen Gral drei Prüfungen bestehen. Eine davon hiess «Glaube an Gott und vertraue ihm». Als Indiana vor einem atemberaubenden Abgrund stand und der Weg auf der anderen Seite rund 10 Meter weit entfernt lag, schloss er die Augen und erinnerte sich an diesen Spruch. Es war wohl kein Glaube an Gott, aber an den Wunsch, seinen im sterbenden liegenden Vater zu retten mit dem ewigen Wasser, welches auf der anderen Seite zu finden wäre, der ihn veranlasste einen Schritt ins Leere zu machen. Und siehe da, ein durchsichtiger Balken lag über der Schlucht und er gelangte sicher auf die andere Seite und rette notabene seinen Vater.

So etwa stelle ich mir den Moment vor, in welchem wir einen ersten Schritt tun müssen. Hinaus ins Leere. Ins Ungewisse. Wir haben keine Versicherung, dass es klappen wird, keine Zusicherung, dass es besser wird. Es braucht Mut und Zuversicht, dass es gut kommt.

Deshalb hadern viele so lange herum, bis sie sich entscheiden zu kündigen, die Wohnung zu verkaufen, die Ehe zu verlassen, die Reise anzutreten etc.

Es braucht dabei die klare Vision, was man will und die Zuversicht, dass das Leben es gut mit einem meint.


Schritt 10: Vertraue dir

Du hast viele Dinge in deinen Lebensrucksack mitbekommen, als du auf die Welt kamst. Die einen Intelligenz, die andere Bewegungstalent, die dritten Sprachkraft, die vierten Handwerksgeschick, die fünften Bindungsfähigkeit usw.

Auch wenn dich die Umwelt davon abgerückt hat, dir dies und das ein- oder ausgeredet hat, du spürst diese Begabungen immer wieder. Sie lassen sich nicht löschen. Sie sind da und ein Geschenk.

Wenn du also innere Pläne baust, wenn du dich gut mit dir und deinen Wünschen verbindest, dann hat das sicher mit deinem Kompetenzprofil zu tun. Mir würde nie in den Sinn kommen, eine Gärtnerei zu kaufen oder ein Restaurant zu eröffnen, weil jede Pflanze sich von mir jäh verlassen fühlen und eingehen würde und Gerichte von mir lieblos und phantasielos zubereitet würden. Aber warum nicht an meinem Erwachsenenbildungsinstitut auch eine Tanzschule integrieren, schliesslich tanze ich seit ich sechs Jahre bin durch tausende von Workshops, unterrichtete mindestens 5 Tanzstile und erfreue mich wöchentlich mindestens drei Mal damit.

Vertrau dir, dass deine Ideen aus gutem Stoff sind. Berate sie mit Menschen, die dir wohlgesinnt sind und an dich glauben. Jeder grosse Traum wird eh kleiner, wenn er auf die Erde gelangt. Also starte gross, damit nachher noch genügend übrigbleibt.

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